Das beschäftigt Assistenzärzte: Woher bekomme ich die Anleitung, die ich brauche?

Nach einem umfangreichen Medizinstudium geht es in den Arztberuf, der Handgriffe, Fertigkeiten und Erfahrungen erfordert, die zuvor gar nicht erlernt werden konnten. Für Assistenzärzte ist die Zeit bis zum Facharzt eine weitere, wichtige Ausbildungszeit. Aber die Ausbildungszeit ist nicht als Ausbildungszeit konzipiert, sondern vielmehr sind die Assistenzärzte als wesentliche Ressource einkalkuliert, um den aufwendigen Arbeitsalltag zu stemmen. Wie passt das zusammen? Und woher bekomme ich als Assistenzarzt die Anleitung, die ich benötige, um einen guten Job zu machen und mich weiterzuentwickeln?

5 Tipps für mehr Anleitung in der Assistenzarztzeit

Hier sind 5 Tipps, um sich im Assistenzarztalltag Anleitung zu schaffen:

1. Suchen Sie sich Vorbilder, Role Models und Anleiter.

Schauen Sie sich um, was Sie von anderen lernen können, das können Know-How, praktische Fertigkeiten, konkrete Erfahrungen oder auch eine tolle Art im Umgang mit Patienten und Kollegen sein. Beobachten Sie viel und schauen Sie sich viel ab, um das Abgeschaute in einer ganz individuellen Kombination selbst zu verkörpern.

2. Holen Sie sich aktiv Feedback und Rat ein.

Bitten Sie erfahrene Kollegen um Feedback und Rat. Verteilen Sie Ihre Nachfragen auf mehrere Personen, das können Assistenzärzte auf gleichem Weiterbildungsniveau, in fortgeschrittener Weiterbildung, Fachärzte, Oberärzte, Chefärzte, ärztliche Kollegen aus anderen Fachgebieten und auch Pflege, Hebammen etc. sein! Lernen können wir von jedem! Je konkreter Ihre Fragestellung nach Feedback und Rat, desto konkreter bekommen Sie auch eine Antwort. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, nach neu erlernten Fertigkeiten ein Feedback zu erfragen. Als „Newbie“ ist es kein Problem, ein Feedback zu erhalten und daraus zu lernen! Im Gegenteil: Es zeugt von Anspruch an die eigene Arbeit und Lernwillen. Beides wird ausschließlich gerne gesehen! Am Anfang braucht es dazu ein wenig Mut, wenn Sie es sich zur Gewohnheit machen, macht Sie das nicht nur besser, sondern Sie werden später auch stolz darauf sein, dass Sie immer offen für Feedback und Anregungen sind!

3. Beschaffen Sie sich ein Briefing vor wichtigen oder neuen Tätigkeiten.

Erfragen Sie proaktiv vor neuen oder entscheidenden Tätigkeiten ein kurzes Briefing. Selbst wenn vom Gegenüber keine für Sie neuen Informationen kommen sollte, stärkt es Sie in Ihrer Sicherheit, dass Sie einen guten Job machen können. Sollte es in Ihrem Umfeld keine „Briefingkultur“ geben, fragen Sie einfach nach: „Worauf soll ich achten?“ oder „Was ist besonders wichtig?“ „Gibt es etwas, das Du mir mitgeben möchtest?“ Durch diese Fragen denkt Ihr Gegenüber noch einmal nach und Sie kommen an wichtige Informationen, die Sie sonst auf die Schnelle häufig nicht erhalten hätten.

4. Planen Sie Ihre Weiterbildungszeit.

Überlassen Sie die Planung Ihrer Weiterbildungszeit nicht dem Zufall bzw. lassen Sie sich nicht vom Alltag überrollen, sondern nehmen Sie sich immer wieder aktiv Zeit, um Ihre Aufzeichnungen, OP-Kataloge etc. zu aktualisieren. Sie sollten immer wissen, wie viel Monate, wie viele Eingriffe, wie viele Patienten etc. Sie bereits in Ihrer Weiterbildungszeit gemacht haben! Bleiben Sie im Austausch mit Ihrem Ansprechpartner für Ihre Weiterbildung, um die nächsten Stationen der Weiterbildung abzusprechen. Wenn Sie keinen klaren Ansprechpartner haben, machen Sie das zum Thema mit den anderen Assistenzärzten in der Abteilung und sorgen Sie dafür, dass Sie in Ihrer Fachabteilung regelmäßige Gespräche über den Fortschritt Ihrer Weiterbildung erhalten.

5. Nutzen Sie das Potenzial des mentalen Übens.

Aus Sportpsychologie, Rehabilitation und auch aus der Praxis von Berufsmusikern ist bekannt und durch neurowissenschaftliche Studien belegt, dass wir praktische Abläufe mental visualisieren und üben können, um Sie dann in der Praxis sicherer ausführen zu können. Machen Sie sich dies zu Nutze und trainieren Sie im Kopf wichtige Abläufe, z.B. OPs, Endoskopien etc.

Wie verhalte ich, damit andere mich gerne unterstützen?

Bei allen Punkten gilt: Sie benötigen Kollegen, die Sie mit Rat, Feedback, Wissen und ihrer Zeit unterstützen. Diese Kollegen sind wiederum auch intensiv im Tagesgeschäft eingebunden und in Eile. Andererseits sind die meisten Menschen grundsätzlich hilfsbereit und teilen gerne ihr Wissen, wenn der Rahmen dafür stimmt. Damit diese Kollegen Sie gerne unterstützen, empfehle ich Ihnen, auf folgende Regeln des Miteinanders zu achten:

  • Halten Sie Ihre eigenen Ausführungen und Situationsbeschreibungen möglichst knapp und sachlich, so dass Ihr Gegenüber sich schnell einen Überblick verschaffen kann.
  • Überlegen Sie genau, was Sie eigentlich erfahren möchten oder wofür genau Sie einen Rat benötigen. Je konkreter die Frage, desto wertvoller die Antwort für Sie.
  • Nehmen Sie selbst erfragtes Feedback ggf. inkl. Kritik dankend an und diskutieren Sie so wenig wie möglich.
  • Bedanken Sie sich freundlich (nicht zu verwechseln mit unterwürfig) für die Zeit und das Teilen von Wissen.
  • Versuchen Sie Gelegenheiten zu finden, wie Sie sich im Gegenzug für die Personen, die sich Zeit nehmen, um Sie anzuleiten, nützlich machen können.

Fehlende Anleitung: Die Coachinggeschichte

„Ich weiß noch genau, wann ich das Erstgespräch bei Frau Schroeder gebucht habe. Das war an einem völlig verregneten Montagmorgen, nach mehreren Nächten mit Notaufnahme und Hausdienst, in denen ich nur hin- und hergelaufen bin und mich völlig überfordert gefühlt habe. Immer wieder habe ich gedacht „Wie wollen die dafür sorgen, dass ich einen guten Job machen kann, wenn ich überhaupt keine Anleitung bekomme?“

Schon im Erstgespräch habe ich verstanden, dass ich die Frage für mich drehen kann in ein „Wie kann ich dafür sorgen, dass ich die nötigen Kenntnisse erwerbe?“! Und ab dem Moment wurde alles einfacher. Ich habe verstanden, dass es Situationen gibt, die für viel erfahrenere Ärzte genauso herausfordernd sind wie für mich, einfach weil die Situation so ist wie sie ist.

Ich habe mir immer wieder bewusst gemacht, was ich schon gut kann und viel gezielter nachgefragt, wenn ich an meine Grenzen kam. Nachfragen, Feedback einfordern, sich briefen lassen, das erfordert Mut! Aber es ist auch total viel Training. Letztendlich bin ich dadurch insgesamt viel selbstbewusster geworden.

Frau Schroeder hat immer wieder gesagt „Die Assistenzarztzeit ist eine Zeit, in der Sie noch nicht alles können, aber genau beobachten und entscheiden können, wer Sie als Ärztin sein möchten.“ Dadurch habe ich ganz anders hingesehen und habe mir mehr abgeschaut bzw. auch bewusst nicht abgeschaut.“

Foto und Coachinggeschichte wurden zwecks Einhaltung der Diskretion abgeändert.

Dieser Blogartikel ist der erste Artikel aus meiner Serie „Das beschäftigt Assistenzärzte“ mit praktischen Tipps aus meiner Coachingpraxis.“ Wenn Sie als Arbeitgeber für Ihre Assistenzärzte eine wichtige Unterstützung bieten möchten und ein Coachingangebot machen möchten oder aber wenn Sie als Assistenzarzt mit einer Gruppe von Kollegen aus Ihrem Haus mittels eines gemeinsamen Coachingprogramms bei mir weiterentwickeln möchten, dann schauen Sie sich mein „Inhouse“ Coachingprogramm für eine Gruppe von Assistenzärzten genauer an und melden Sie sich bei mir!

Astrid Schroeder

Organisationsberaterin im Gesundheitswesen und Business Coach spezialisiert auf das Gesundheitswesen.