Mehr gute Besprechungen

Selten treffen überragende Intelligenz, starke Argumentationsführung und beeindruckende Eloquenz einzelner so konträr auf eine schlecht gemanagte Kultur der Gesprächsführung wie im Gesundheitswesen. Woran liegt das? Und was können Sie tun, um das zu ändern?

Was steht guten Besprechungen oft im Wege?

Problemdiskussionen ohne Ergebnisse, keine Verbindlichkeit, Wiederholungsschleifen mit ständiger Diskussion von vorne, anstatt Beschlossenes einzuhalten und nachzukontrollieren – kennen Sie das aus Ihrem Arbeitsalltag? Haben Sie auch manchmal den Eindruck, dass die Lösungsorientierung motivierter Beteiligter durch ineffiziente Besprechungen regelrecht erstickt wird und stattdessen vielmehr eine Jammerkultur genährt wird?

Meiner Meinung nach wird im Gesundheitswesen schlichtweg zu häufig ineffektiv, unorganisiert, respektlos und kurzsichtig kommuniziert. Und das obwohl überragend gute Leute am Start sind, obwohl es mehrheitlich ein gemeinsames Werte- und Sinnverständnis gibt und obwohl es sich bei den Tools und Techniken für gute Gesprächskultur nicht um völlig unbekannte „Raketentechnik“ handelt.

Was erklärt dieses Missverhältnis aus vielfach guten mitgebrachten Möglichkeiten und mangelnder Umsetzungsfähigkeit? Was genau sind die Fallstricke in Besprechungen, die gute Leute ins Straucheln bringen?

Hier kommen die TOP-10-Fallstricke schlechter Gesprächskultur:

Fallstrick 1: Keine Vorbereitung

Wenn Probleme diskutiert, Fehler analysiert, Patienten besprochen oder wichtige Entscheidungen getroffen werden sollen, dann benötigen Sie umfassende Zahlen, Daten und Fakten, um das Potenzial der Anwesenden in einer Besprechung richtig zu nutzen. Ansonsten werden Sie feststellen, dass Sie mit den vorhandenen Informationen keine ausreichende Abschätzung der Situation vornehmen können. Kennen Sie das? Dann mangelt es an einer guten Vorbereitung.

Lösungsstrategie: Stimmen Sie ab, welche Vorbereitung erforderlich ist, um den Termin durchzuführen. Bestimmen Sie einen Besprechungsorganisator, der vorab klärt, ob eine Gruppe „tagungsfähig“ ist.

Fallstrick 2: Unklares Ziel

Wenn unklar ist, was das Ziel einer Besprechung ist und jeder mit der eigenen Vorstellung oder ggf. sogar völlig ohne Vorstellung in der Besprechung sitzt, drückt das enorm auf die Effizienz und auf die Zufriedenheit der Mitwirkenden.

Lösungsstrategie: Besinnen Sie sich während einer Besprechung immer wieder auf das Ziel! Als Teilnehmer: Hinterfragen Sie es! Als Moderator oder Besprechungsorganisator: Stellen Sie das Ziel als Überschrift für die gemeinsame Zeit an den Anfang der Besprechung, prüfen Sie am Ende auf Zielerreichung und stellen Sie während des Verlaufs immer wieder einen Bezug zum Ziel her! (s. Fallstrick 10: Spielregeln).

Fallstrick 3: Eingeschränkte Anwesenheiten

Verschlepptes Eintreffen der Besprechungsteilnehmer, Pieper und Telefonate während der Besprechung, Hinausgehen und Zurückkehren einzelner Besprechungsteilnehmer oder abruptes vorzeitiges Verlassen der Besprechung sind im Gesundheitswesen an der Tagesordnung. Dass es häufig nicht anders lösbar ist, weil das Tagesgeschäft vom Besprechungstisch noch mit betreut werden muss, ist leider häufig nicht zu vermeiden, weil die Ressourcen so knapp sind. Aber es ist wirklich eine Herausforderung für alle Beteiligten, angesichts dieser Rahmenbedingungen die Zeit der verfügbaren Teilnehmer sinnvoll zu nutzen und für einen respektvollen und produktiven Arbeitsraum zu sorgen.

Lösungsstrategie: Legen Sie für eine Besprechung die Spielregeln fest. Abwesenheiten sind ggf. unvermeidlich. Dann muss es aber einen Umgang damit geben, der den Anwesenden gegenüber respektvoll ist und sie arbeitsfähig lässt. Legen Sie z.B. fest: Telefonate werden immer außerhalb des Besprechungsraums geführt! (s. Fallstrick 10: Spielregeln)

Fallstrick 4: Mangelnde Verbindlichkeit und Konsequenz

Fühlen Sie sich manchmal wie bei „Täglich grüßt das Murmeltier“? Kennen Sie das Gefühl, dass eine (durchaus intelligente und komplexe) Diskussion immer wieder bei den gleichen Punkten verweilt, obwohl sie schon zigmal geführt wurde und teilweise sogar mit einer konkreten Vereinbarung abgeschlossen wurde, an die sich aber im Moment niemand erinnern will oder kann? Dann gelingt es Ihnen nicht, Ihre Besprechungsergebnisse in eine Verbindlichkeit zu wandeln. Schlüssel zur Verbindlichkeit ist die Nachbereitung und Nachverfolgung.

Lösungsstrategie: Dokumentieren Sie Entscheidungen! Klären Sie, wie Nichtanwesende darüber informiert werden! Halten Sie Entscheidungen nach, d.h. kontrollieren Sie konsequent die Umsetzung. Prüfen Sie Ihre Ergebnisse, damit Sie die Wirksamkeit Ihrer Entscheidungen prüfen können und ggf. nachjustieren können!

Fallstrick 5: Die Komplexitätsfalle

Für einen abgegrenzten Bereich lassen sich einfacher Entscheidungen treffen als für große Systeme, in denen alles letztendlich mit allem zusammenhängt, nicht zuletzt durch gemeinschaftlich genutzten Ressourcen, wie es im Krankenhaus z.B. OP, Notaufnahme, Intensivkapazitäten, Betten, Pflegepersonal u.v.m. sind.

Um nicht in die Komplexitätsfalle zu tappen, benötigen Sie eine gute Vorbereitung, ein Verständnis für Verantwortung, Mandat, Beschlussfähigkeit und die notwendige Bereitschaft, sich in einem kontrollierten Verfahren von Trial and Error weiterzuentwickeln. Außerdem benötigen Sie eine Besprechungskultur, in der Sie die verfügbare Zeit bestmöglich nutzen und nicht durch ineffizientes Vorgehen „verplempern“.

Lösungsstrategie: Wichtige und heikle Besprechungen werden vielfach mehr Ergebnisse bringen, wenn sie moderiert werden. Fragen Sie z.B. in Ihrer QM-Abteilung nach, hier gibt es häufig gute Unterstützung!
Legen Sie sich zudem alle ein Bewusstsein dafür zu, was jetzt gerade in dieser Besprechung einen Raum benötigt und was nicht! Entscheiden Sie bewusst, was jetzt keinen Raum erhält und legen Sie fest, wer, wo und wie stattdessen das Thema erneut aufgreifen soll, das Sie jetzt an dieser Stelle nicht vertiefen!! (s. Fallstrick 10: Spielregeln)

Fallstrick 6: Immer im Reaktionsmodus

Die berühmte Geschichte vom Waldarbeiter, der unermüdlich mit seiner stumpfen Säge sägt und keine Zeit hat, die Säge zu schärfen, kennen Sie vermutlich! Leider befinden sich sehr viele Organisationen und Personen im Gesundheitswesen in diesem Reaktionsmodus. Proaktives Denken bleibt auf der Strecke, Ausschöpfen der verfügbaren Potenziale ebenso und zudem ist der Reaktionsmodus ein großer Stressor!

Lösungsstrategie: Planen Sie sich Zeiten für sich selbst und als Team dafür ein, „die Säge zu schärfen“. Retrospektiven, Teambesprechungen, Feedbackgespräche etc. schaffen einen Raum, den Sie benötigen, um sich immer wieder selbst in einen Aktionsmodus zurückzuholen!

Fallstrick 7: Stressbelastung

Individueller Stress führt zu Verspätungen, Nichteinhaltung von Zusagen, Vergessen von Absprachen und Aufgaben und nicht zuletzt zu einer angespannten Kommunikation. Wie oft haben Sie schon gedacht, dass dieselbe Besprechung mit ungestressten Beteiligten ganz anders verlaufen wäre?

Lösungsstrategie: Prüfen Sie sich selbst, ob Sie gerade wirklich arbeitsfähig sind bzw. in einer guten Verfassung für heikle Situationen! Prüfen Sie es auch beim Gegenüber! Wenn nicht, dann vertagen Sie, beruhigen Sie sich erst, schaffen Sie einen Raum für sich selbst und Ihren Gegenüber, in dem für den Moment die bestmöglichen Gesprächsvoraussetzungen geschaffen sind.

Fallstrick 8: Individualinteressen

Jeder entwickelt seine eigenen Konzepte, um mit einem stressigen, anspruchsvollen und komplexen Arbeitsumfeld umzugehen. Vielfach ist das ein bewusstes Verfolgen von Individualinteressen. Das kann auf unterschiedliche Weise gelebt werden, z,B. mit einer Arbeitsweise, die ich gerne „Tarnen-Täuschen-Verpissen“ nenne oder mit offensiven Methoden (z.B. Einschüchterung). Wie gehen Sie damit in Besprechungen um? Welchen Freiraum lassen Sie Ihren Teilnehmern, letztendlich das zu tun, was Ihren individuellen Interessen entspricht?

Lösungsstrategie: Hier können Sie durch gute Moderation, strukturierte Meetings und Protokolle für viel Stringenz und für starke Leitplanken sorgen.

Fallstrick 9: Jammerkultur

Es ist eine mentale Herausforderung, eine positive Haltung zu bewahren, wenn Rahmenbedingungen vielfacher schwieriger zu werden scheinen. Keiner mag Verschlechterung und viele lassen sich von einem kollektiven Unzufriedenheitsgefühl mitreißen. Wie schnell driftet ein Team oder sogar eine ganze Organisation wie ein Krankenhaus in eine Jammerkultur hinüber!

Lösungsstrategie: Schaffen Sie sich durch Ihre Werte und durch Ihre Haltung als Einzelne und im Team ein Gegengewicht zu Mangelwirtschaft und Druck. Besinnen Sie sich auf das, was Sie verbindet. Es ist erwiesen, dass Teams, die sich im Zusammenhalt erleben, auch in schlechten Zeiten durch die Kraft der Gemeinschaft eine größere Zufriedenheit empfinden können als in guten Zeiten als Einzelkämpfer!

Fallstrick 10: Schlechter Stil

Schlechter Stil kann in einer Organisation entstehen, selbst wenn die Einzelnen ganz ausgezeichnete Manieren und Stil besitzen! Kennen Sie aus Ihrem Alltag ausgeschaltete Kameras bei gleichzeitig Verlassen des Raums in Online-Meetings, Arbeiten am Rechner in einer Besprechung, ans Telefon gehen während der Besprechung (und alle anderen warten den Anruf ab), ständiges Rein- und Wiederrausgehen aus Meetings, in das Wort fallen, Provokationen, alles Schlechtreden etc.? Das ist meiner Meinung nach unnötig schlechter Stil, der einer produktiven Arbeit und einem angenehmen Miteinander ernsthaft im Wege stehen kann! Schlechte Manieren entstehen und kultivieren sich, wenn es keine Korrektur gibt, nicht einmal eine Kommentierung.

Lösungsstrategie: Wenn es gemeinsame „Spielregeln“ gibt, schaffen Sie eine Orientierung und eine Gruppe kann sich auch gegenseitig darum bitten, diese Spielregeln einzuhalten. Diese Spielregeln haben sich in meiner Beratungs-Praxis bewährt:

Ich verteile diese Spielregeln auf Wunsch auf Postkarten. Sie können hervorragend in Besprechungsräumen ausgelegt werden. Bei Interesse schreiben Sie mich gerne an.