Warum „Think positive“ kein Universalrezept ist

Glaubenssätze wie „Think positive“, „Ich bin erfüllt.“, „Ich bin schön.“, „Ich bin liebenswert.“ oder „Dieser Tag ist großartig.“ sind überall: auf Postkarten, Tassen und Pinnwänden. Doch was machen Sie mit uns?

Erreichen positive und Glaubenssätze immer ihr Ziel? Fühlen wir uns wirklich positiv gestärkt? Sind „Think positive“ Sprüche Mogelpackungen oder eine super Strategie?

Über Optimismus, Pessimismus und toxische Positivität

Optimismus, Selbstvertrauen und ein positives Selbstbild sind wichtige Faktoren für Gesundheit, Leistungsfähigkeit, soziale Kontakte und die Lebenszufriedenheit. Dies belegen diverse Studien.

Es gibt aber auch eine Kehrseite von Optimismus, nämlich die sogenannte „toxische Positivität“. Wer toxisch positiv ist, verleiht jeglichen Fakten eine positive Annotation und erzwingt einen Optimismus, der ggf. mit der Realität nicht vereinbar ist. Für die Person selbst kann das bedeuten, dass sie sich selbst verliert, negative Emotionen unterdrückt oder sich wohlmöglich „schlecht dafür fühlt, dass sie sich selbst schlecht fühlt“. Für das Umfeld kann das bedeuten, dass es gehemmt ist, die eigenen Emotionen gegenüber einer immer positiven Person ehrlich auszudrücken. Damit ist keinem geholfen.

Interessanterweise gibt es gleichermaßen Studien, die einen „defensiven Pessimismus“ empfehlen, um Risiken besser vorzubeugen, um besser zu planen, um sich selbst nicht zu überschätzen und auch nicht Gefahr zu laufen, einer „Kontrollillusion“ zu unterliegen. Mehr zum Pessimismus im Spektrum Magazin.

Wie so oft im Leben ist der „goldene Mittelweg“ zwischen Optimismus und Pessimismus, die Balance aus Zutrauen und Möglichkeiten sehen auf der einen Seite und Vorsicht und Risiken absichern auf der anderen Seite eine gute Gratwanderung, um stark und gleichermaßen umsichtig durch das Leben zu gehen. Doch wie finden wir diesen goldenen Mittelweg und trainieren uns ein solches Mindset an?

Das eigene Mindset gezielt weiterentwickeln

Das Prinzip der Neuroplastizität sagt, dass wir im Gehirn neue Schaltungen etablieren und uns zu Eigen machen können und so umlernen bzw. weiterentwickeln können, wie wir denken. Das können wir uns zu Nutze machen.

Voraussetzung dafür, dass wir umlernen können, ist aber, dass etwas für uns stimmig ist. Wenn wir eine Botschaft hören wie „Ich bin schön.“, dann kann es sein, dass diese Aussage für Viele (total) stimmig ist, für andere fühlt sie sich allerdings wie eine Unwahrheit oder Lüge an. Abhängig davon, ob es sich für uns wahr oder falsch anhört, werden in unserem Gehirn ganz andere Gedankenpfade aktiviert.

Wenn uns etwas unwahr vorkommt, dann aktivieren wir nicht die Pfade und Denkstrukturen im Gehirn, die für das Wunschdenken stehen, sondern leider genau die Regionen, die für die“ eigene Wahrheit“ stehen. Auf die Art können wir uns trotz gut gemeinter Affirmationen noch tiefer in negative Denkmuster hineinbegeben und uns nach Anwendung von Affirmationen schlechter fühlen als zuvor.

Der Einsatz von Affirmationen oder Think-Positive-Sprüchen ist also nicht automatisch wirksam, sondern nur, wenn wir die Botschaft prinzipiell als wahr empfinden.

Wie können wir Affirmationen richtig nutzen?

Hier sind einige Beispielformulierungen, mit denen wir Affirmationen so umformulieren können, dass sie für uns anschlussfähig und wahr werden:

  • Ich glaube mehr und mehr daran, dass ich ….
  • Obwohl ich gerade denke „“, weiß ich, dass ich… (z.B. wertvoll und geliebt bin).
  • Sich ein positives Ausnahmebeispiel rausziehen und das größer machen, z.B. „So wie mein Chef neulich gesagt hat, bin ich wertvoll und ein Gewinn für meine Firma.“
  • oder einfach frei so umformulieren, dass ich es selbst glauben kann!

Patienten und Affirmationen

Genauso wie es uns mit uns selbst im eigenen Dialog ergeht, geht es auch anderen Menschen im Dialog mit uns. Für alle, die regelmäßig mit Patienten sprechen, bedeutet das, dass es wichtig ist, mit sehr realistischen Bildern und Formulierungen zu arbeiten, die für die Patienten anschlussfähig sind, da sie sonst das Gegenteil auslösen. Hier ein Beispiel:

„Nehmen Sie sich jeden Tag ein Stückchen Strecke mehr vor. Heute schaffen Sie es mit den Gehhilfen den Flur entlang, in einer Woche sitzen Sie schon im Park in der Sonne.“

Diese Formulierung enthält drei starke „Wirkstoffe“:

  • „Heute schaffen Sie es den Flur entlang“: Vielleicht schafft der Patient schon deutlich mehr als den Flur, aber noch lange nicht den Park. Dadurch, dass das Minimalziel so klein gewählt ist, wird es für den Patienten machbar und anschlussfähig.
  • Sie haben ein Bild mit „in einer Woche sitzen Sie schon im Park in der Sonne“. Das geht in den Kopf und entwickelt eine eigene Zugkraft. Schauen Sie mal in meinen Blogartikel zu Patientengespräche als Schlüssel zur Heilung, dort ist das Prinzip der Zielbilder gut beschrieben.
  • Sie haben den Weg zum Ziel beschrieben und damit gleichermaßen Ihrem Glauben Ausdruck verliehen, dass der Patient der Genesung und Besserung entgegenschreitet. Das macht Mut und gibt Kraft.

Wichtig ist, die Zeithorizonte und Genesungsversprechungen vorsichtig optimistisch zu kalkulieren und sie auch wirklich nur zu formulieren, wenn Sie selbst daran glauben.

Mein persönliches Fazit

Wie wir mit uns selbst reden, entscheidet darüber, wie wir uns fühlen. Eigene Bestärkung, Optimismus und ein gutes Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten sind eine hervorragende Voraussetzung für ein gelingendes Leben. Aber wenn wir uns nicht gut fühlen, dann können wir uns auch einfach mal nicht gut fühlen und müssen uns nicht in positive Gedanken „hineinquetschen“. Eine Affirmation oder ein Mutmachspruch sind nur dann wirkungsvoll, wenn wir daran glauben können! Worauf es wirklich ankommt ist, dass wir empathisch mit uns selbst sind. Dann können wir uns von dort aus viel besser weiterentwickeln.

Die Inhalte dieses Blogs finden Sie in hier im Videoformat von mir diskutiert im Rahmen der Video-Reihe „Mindset-Mogelpackung“, die ich in Kooperation mit meiner Coach-Kollegin Carina Schmid erstellt habe. In dem ca. 30-minütigen Video können Sie die gesamte Diskussion verfolgen. Im Video bringt meine Kollegin Carina Schmid außerdem den Ausspruch „Nimm‘ einfach mal eine Auszeit!“ mit und enttarnt ihn ebenfalls als „Mindset-Mogelpackung“.

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Astrid Schroeder

Astrid Schroeder

Organisationsberaterin im Gesundheitswesen und Business Coach spezialisiert auf das Gesundheitswesen.